Übersetzung
Gott habe Erbarmen mit mir, und er sage mir Segen und Heil;
er lasse sein Antlitz leuchten über mich, und er habe
Erbarmen mit mir. Preis und Heil sage hinwiederum ihm in
aller Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit mein Herz. Vom
Angesicht des Herrn werde erschüttert das Erdreich
meines Herzens, und im Lebenshauch seines Mundes werde wieder
erschaffen und neu gemacht der Atem meines Lebens: auf
daß mich auf rechten festen Boden führe sein
lebenspendender Geisthauch, der gut ist.
(Exercitium I 7-12)
Kommentar
In nur drei Sätzen wird hier eine Theologie entwickelt,
die zwar ganz aus traditionellen Elementen besteht, in
engster Anlehnung an biblische und liturgische Texte, die
aber doch insgesamt eine revolutionäre Sehweise Gottes
und des auf ihn bezogenen Menschen aufzeigt. Die Erneuerung
der Taufe beginnt hier nicht mit der Absage an Sünde und
Teufel, sondern einzig im Blick auf einen Gott, der
barmherzig und gut ist und der den Menschen in sein Licht und
seinen Lebenshauch hineinnimmt.
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Gott habe Erbarmen mit mir: Gott steht am Anfang, als
erstes Wort. Er ist ein Gott des Erbarmens, und dieses
Erbarmen schlägt die Brücke zwischen Gott und
„mir“, dem abschließenden Wort des ersten
Teilsatzes.
Und er sage mir Segen und Heil: Der erbarmende Gott ist
ein sprechender Gott, er spricht Gutes: Segen und
Heil.
Er lasse sein Antlitz leuchten über mich: Sichtbar
wird Gott als Licht, und zwar als Licht seines Antlitzes;
das göttliche Licht ist nicht wesenloses Licht,
sondern Person, und so strahlt Gottes Licht über den
Menschen und erleuchtet ihn. Dies ist sein Erbarmen.
Der folgende Satz zeigt die Antwort des Menschen, der das
Gutsagen Gottes mit dem Gutsagen seines Herzens aufnimmt
und erwidert, in Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit. Dieses
Herz wird Sinnbild der ganzen Erde; wie von einem Erdbeben
wird es vom Angesicht Gottes erschüttert, in seiner
Starre aufgebrochen, und das gelockerte Erdreich wird
aufnahmebereit für den lebenspendenden Hauch Gottes,
der in einem neuen Schöpfungsakt den Lebensatem des
Menschen erneuert und ihn auf sichere Lebensgrundlage - auf
rechten festen Boden - führt. Dreimal erscheint in
diesem letzten Satz das Wort spiritus: Der göttliche
Lebenshauch am Anfang und Ende des Satzes umschließt
den Lebensatem des Menschen in der Satzmitte. Das
allerletzte Wort des Satzes und zugleich des Abschnitts -
gut - weist schließlich wieder zurück auf das
allererste: Gott ist gut.
Ausführliche
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Originaltext, Übersetzung & Kommentar
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